Das Ziel des Holsteiner Verbandes ist es, das Premium-Produkt „Holsteiner Pferd“ zu betreuen und zu vermarkten, deren Nachfrage überwiegend aus dem Ausland kommt. Ausland deswegen, weil diese bereit sind, kostendeckende Preise zu zahlen.
Dies geht nur, wenn die Pferde eine entsprechende Ausbildung haben, nachweisbar durch die Platzierungen. Für die Ausländer ist das Markenprodukt „Holsteiner Pferd“ am einfachsten über den Verband zu erwerben. Deswegen hat der Verband eine marktdominante Stellung, schon alleine, weil der Verband die Auktionen veranstaltet und somit das Tor zur Welt darstellt.
Unter 5% der geborenen ca. 4.000 Fohlen werden auf Auktionen verkauft und finden so eine sportliche Zukunft.
Die Vermarktung der restlichen 95% der Pferde gestaltet sich als schwierig, weil die Binnennachfrage nicht ausreicht, auskömmliche Preise durchzusetzen. Es hat sich ein Überangebot an Verkaufspferden gebildet, ein deutliches Ungleichgewicht zur Nachfrage. Ergänzend will auch der Pferdehandel diesen Premium-Marktbereich für sich nutzen.
Aber auch das Halten des Marktanteils wird immer schwieriger, denn die anderen Zuchtverbände haben sich qualitativ deutlich verbessert, so dass der vergleichbare Zuchtfortschritt nicht mehr so groß ist bzw. es eine ausgeglichene Qualität gibt. Der Wettbewerb wird immer härter. Diese Entwicklung führt zu großen Konsequenzen in allen Sportpferdebereichen.
Es hat also einen Run auf dem Hengstmarkt zu den sog. Modehengsten gegeben, denn deren Namen waren im Ausland bekannt und gelten als Einstieg zu einem guten Preis für ein Verkaufspferd.
Der Fohlenmarkt spaltete sich ebenfalls. Ein Cassini-Fohlen verglichen mit einem gleichwertigen Cardenio-Fohlen war verkaufbar, das Cardenio-Fohlen wurde nicht beachtet. Die Züchter haben sich entsprechend verhalten und die Modehengste eingesetzt. Die Weiterentwicklung des Zuchtziels wurde wirtschaftlich zum Risiko. Halbblüter gelten z. B. als nicht verkäuflich, obwohl alle behaupten, ohne Vollblutanteil gäbe es keinen Zuchtfortschritt.
Den drei älteren Hengsten (Cassini I, Caretino, Corrado I) sind 2010 ca. 371 Fohlen zu zuordnen, also mehr als die ca. 200 Pferde, die über die Auktionen veräußert werden.
Für die Nachkommen anderer Hengste ist es für die Züchter ungleich schwerer, ihre Pferde über die Auktionen zu verkaufen.
Durch den bestehenden ideellen Bereich, einer ländlich strukturierten Turnierlandschaft, getragen von den Vereinen, fanden die Reiter/Händler optimale Trainingsbedingungen vor. Diese galt es nun zu nutzen und so zu formen, damit sie den kommerziellen Wünschen entsprechen.
Die damit befassten Reiter der LK 1+2 taten sich als Club der Springreiter (CdS) zusammen, ohne satzungsgemäße und demokratische Grundlage (kein Verein) und wurden als Förderverein von dem Pferdesportverband SH anerkannt. Sprecher vom des CdS ist Harm Sievers, der auch Mitglied des Vortandes vom Pferdesportverband SH ist und über diesen Vorstand in die Landeskommission berufen wurde. Bei allen Entscheidungen, die den Turniersport betreffen, ist Harm Sievers dabei und kann über die Landeskommission Einfluss nehmen.
Ziel vom CdS ist, möglichst viele Pferde zu starten und möglichst viele Platzierungen zu erhalten, die dann dem Pferd verkaufsfördernd zugeschrieben werden. Dies soll am besten während der Arbeitszeit geschehen und man wollte die Kosten dazu gering halten über entsprechende Privilegien, wie z. B. keine Zwangsveröffentlichung der Ausschreibung, keine allgemeine Abgaben wie Parkgebühren – nur für Mitglieder vom CdS.
Atmosphäre, Wettbewerb, Chancengleichheit spielen keine Rolle. Alle Handelsinteressierte können sich treffen und Geschäfte einfädeln, denn die Handelsspannen waren bisher groß genug, um gemeinsame Provisionen zu erwirtschaften.
Öffentlichkeitsarbeit, Zuschauerwerbung, den Reitsport in die Gesellschaft tragen, ehrenamtliche Helfer – alles dies war nicht notwendig. Die CdS-Turniere sind allein auf die Effizienz der Vermarktung ausgerichtet, also nur kommerziell und nicht gemeinnützig.
Mit den Startangeboten der überwiegend ländlichen Turniere (ideele Strukturen) im L-M Bereich waren die Reiter (überwiegend CdS) in der Lage, Nachfragedruck auszuüben und Forderungen zu stellen an Bedingungen, Organisationformen. Durch die Vielstarts der Profis wurde den Amateuren der Spaß am Wettbewerb genommen, denn sie hatten statistisch betrachtet keine Chancen.
Im S-Bereich wählen die Reiter die Starts nach Geldpreisen aus. Die Reiter sind nicht verpflichtet, in den „Großen Preisen“ zu starten. Sie können nennen, aber ohne jegliche Verpflichtung. Oft nutzen die Reiter die Rahmenprüfungen, starten allerdings nicht in den „Großen Preisen“, obwohl sie dafür Startplätze für diverse Pferde genannt haben.
Für den Veranstalter ist dies schädlich, da kein Startgeld im Vorwege gezahlt wird, der Veranstalter mit den guten, genannten Reiter geworben hat und auf zuschauerträchtigen Wettbewerb gehofft und die Zeitkalkulation darauf abgestimmt hat. Den Reitsport zu bewerben und Menschen – und auch potentielle Kunden – anzusprechen, wird damit unterlaufen
Die CdS-Reiter wollen Einfluss auch auf die Anforderungen des Sports nehmen, so durch die Besetzung in der Landeskommission mit einem vom Pferdesportverband abhängigen Angestellten als Sprecher der Parcourschefs. Die LPO-Anforderungen konnten z. B. durch Missachtung, ohne Wettbewerb und Einhaltung von Regeln unterlaufen werden. Die Platzierungen ergeben somit kein eindeutiges Bild für die Selektion der Pferde, da die S-Platzierungen ohne entsprechend sportliche Anforderungen gem. LPO möglich sind. Eine über den sportlichen Wettbewerb gesteuerte Selektion der Pferde wird verwässert.
Die Einhaltung der LPO obliegt den durch Prüfungen qualifizierten Richtern, die von den Veranstaltern eingeladen werden. Um den Wünschen der CdS-organisierten Reiter zu unterstützen, ermöglichte die Landeskommission Richterprüfungen bis zur S-Qualifikation im „Schnellverfahren“ – aber nicht für alle, sondern überwiegend aus dem CDS-Bereich. Unabhängige, das Regelwerk durchsetzungsfähige Richter werden nicht eingeladen und durch die o.g. ersetzt. Vorschub wird dieser Entwicklung dadurch geleistet, dass der Vertreter der Veranstalter als Mitglied der Landeskommission ohne Anhörung bzw. gegen die Akklamation der Veranstalter berufen wurde.
Im Premium-Bereich darf es nur gute Pferde (da entsprechende Abstammung der Modehengste) für den Premium-Markt geben. Alle Beteiligten konnten bislang damit gut leben und verdienen. Sich um die Binnennachfrage zu kümmern, war nicht notwendig, der Bereich blieb ausgeklammert.
Der kommerzielle Bereich hat den ideellen Bereich unterdrückt, mit den jetzt immer deutlich werdenden Folgen: abnehmende Mitgliedszahlen, abnehmende Bedeckungszahlen und es gehen unabhängige, atmosphärische, wettbewerbsorientierte Veranstaltungen zurück. Der Reitsport verliert immer mehr die gesellschaftliche Anerkennung, die Spirale nach unten setzt sich immer schneller fort.
Man hat alles unternommen, um die Premium-Produkte nach außen so gut wie möglich darzustellen. Wettbewerb wird als Risiko empfunden und eine ehrliche Leistung brauchte man nicht. Es war Marketing angesagt und nicht Selektion durch Wettbewerb. Alles andere musste sich unterordnen und Kritik und Zweifel wurden nicht geduldet.
Es entwickelte sich eine geschlossene Gesellschaft, die die Botschaft ausgab: nur mit uns gibt es Privilegien, Vorteile und Teilnahme am Erfolg.
Die ideellen Werte wie Transparenz, Mitbestimmung, demokratische Grundhaltung Menschen an den Entscheidungen zu beteiligen, wurden missachtet.
Dadurch, dass das System nun so autoritär wurde, dass es keine Erklärungen von Entscheidungen und auch keine Entschuldigungen von Fehlverhalten einzelner gab, haben die Mitglieder keinen Mut mehr, sich für einen Strukturwandel einzusetzen. Sie wenden sich ab und arrangieren sich, oder aber sie beenden ihr Engagement in der Reiterei und steigen aus.
Der kommerzielle Bereich und der ideelle Bereich - beide müssen erhalten bleiben. Aber die Spreizung darf nicht zu groß werden, wie es jetzt der Fall ist.
Es muss also für Transparenz, Wettbewerb der Ideen und Überlegungen, demokratische Entwicklung und Mitbestimmung der betroffenen Gruppen garantiert werden, um über Strukturwandel, Zuchtfortschritt, Sportentwicklung zu diskutieren und dabei ist zu achten, dass die gemeinnützigen Werte wie Wettbewerb, Chancengleichheit, Anerkennung der Leistung ihre Bedeutung nicht verlieren. Vorraussetzung ist aber, dass alle Daten, die aus dem ideelen Bereich kommen, wie Ergebnisse, Teilnehmer etc. auch zeitgleich für alle Interessierte zur Verfügung stehen müssen.
Dierich Lindenau Juli 2011